Jedes Mal, wenn ich meiner Aufgabe nachgehe, abends die Blumen vor unserem Haus zu gießen, kann ich meinen Verstand dabei beobachten, wie er damit beschäftigt ist, die Aufgabe möglichst schnell abschließen zu wollen.
Ich sehe, wie er permanent abwägt, wie viele Gießkannen es wohl unbedingt noch braucht, bis alle Blumen ausreichend gegossen sind.
Die Gedanken, die damit einhergehen, fühlen sich drückend an:
„Es braucht bestimmt nur noch zwei Kannen, dann haben alle genug für heute.“
„Es hat ja gestern geregnet, da ist es nicht so wichtig, heute viel zu gießen.“
Statt das Tun zu genießen und den Pflanzen meine volle Aufmerksamkeit zu geben, will ein Teil in mir möglichst schnell fertig werden und bloß keine Zeit verschwenden – „Nicht übertreiben“, höre ich eine Stimme in mir sagen.
Nachdem ich dieses Muster beim Gießen der Blumen bemerkt hatte, fiel es mir auch in anderen Lebensbereichen auf: Beim Essen, beim Putzen, beim Bügeln, im Umgang mit mir selbst und anderen…
Überall sorgte ich für das Nötigste, jedoch nur selten darüber hinaus.
Ich stellte mir vor, wie ich auf diese Weise mit meinem Kind umgehen würde – und es stieg eine tiefe Traurigkeit in mir auf.
Was geschieht hier?
Immer nur für das Nötigste zu sorgen, entsteht aus dem Mangelbewusstsein, dass von irgendetwas nicht genug da ist: Zeit, Geld, Energie, …
Die Anbindung an Gott und das Vertrauen in die unendliche Quelle der Energie, mit der er uns versorgt, ist in diesem Zustand blockiert.
Ich erinnerte mich, mit welchem Bewusstsein und welcher Achtsamkeit Nahizji sich den Tätigkeiten zuwendet, wenn sie kocht oder wandert, Yoga übt, Texte bearbeitet oder ihr eine Herausforderung begegnet. Bei ihr fühle ich niemals, dass sie nur das Nötigste tut – sie ist immer voll da und dehnt sich ganz in dem Geschehen aus. Sie erkundet es und erlebt sich in jedem Moment in dem, was Gott zu ihr trägt.
Ich wandte mich dem Thema, das sich hier gezeigt hatte, und den dahinterliegenden, aufsteigenden Gefühlen durch die Übungen des Inner Work, die wir von Nahizji gelernt haben, bewusst zu.
Beim nächsten Blumengießen fokussierte ich meine ganze Aufmerksamkeit auf das Tun, auf jede Bewegung und jedes Gefühl, das sich zeigte, wodurch ich mich mir selbst und der Aufgabe direkt viel näher fühlte.
In einer neu geöffneten Verbindung mit den Pflanzen spürte ich, wie sie sich über jeden Wassertropfen freuten und konnte auch erstmals den tatsächlichen Wert der Aufgabe sehen und fühlen.
Das, was vorher drückte, fühlte sich nun weiter und leichter an.
Das Muster ist noch immer wahrnehmbar, jedoch kann ich ihm nun achtsam begegnen. Im bewussten Feld der Gemeinschaft löst es sich in allen Bereichen mehr und mehr ab.