#021: Kuchen, Wut und Erkenntnis – Hingabe im Alltag

Schon lange hatten Nahizji und ich den Impuls, gemeinsam einen veganen Pistazien-Cheesecake zu backen. Doch als es endlich soweit war, kam alles anders, als ich es mir vorgestellt hatte.

Voller Wut stehe ich vor dem kleinen Kochtopf, in dem die weiße Schokolade gerade zu schmelzen beginnt. Ich starre ins Leere und spüre, wie mein ganzer Körper vor innerer Anspannung brennt.

„Warum muss Nahizji jetzt über dieses Thema reden, das mich so triggert? Warum ausgerechnet jetzt, wo ich einfach nur Freude beim Backen haben möchte?“ Meine Gedanken wirbeln. Ich werde laut gegenüber Nahizji. Mein Ego tobt und schreit mich innerlich an: „Ich will raus aus dieser unangenehmen Situation!“

Doch trotz meines emotionalen Ausbruchs bleibt Nahizji weich.
Ihre Präsenz ist gleichzeitig intensiv und beruhigend. Ich spüre, dass ich dieser Wut nicht einfach entkommen kann – sie ist da, und sie verlangt nach meiner Aufmerksamkeit.

„Es geht um die Wut, die du so oft unterdrückst und nicht fühlen willst“, erklärt Nahizji mir einer klaren Stimme. Und sie hat recht. Diese Wut, die mir plötzlich so mächtig erscheint, ist nicht neu. Sie war immer schon da, tief in mir verborgen. Jetzt, in diesem Moment, ist sie da, und ich habe die Wahl, ihr Raum zu geben.

Ich atme tief durch und frage mich: Möchte ich mich wirklich dieser feurigen Wut hingeben? Nach einem Moment der Unsicherheit spüre ich ein klares Ja in mir.
„Ja, ich will meiner Wut begegnen“, sage ich innerlich zu mir selbst.

Nahizjis Worte dringen weiter tief in mich ein, und eine Welle der Traurigkeit breitet sich in mir aus. Ich fange an zu weinen, und plötzlich fühlt sich die Wut nicht mehr so bedrohlich an wie zu Beginn.
Die bewusste Entscheidung, die Wut willkommen zu heißen, öffnet in mir das Tor zur Weichheit.

Trotz der lauten, ungebändigten Worte, die ich in meiner Wut an Nahizji gerichtet hatte, steht sie jetzt vor mir – voller Mitgefühl, ohne Vorwürfe, frei von Bewertung. Ich spüre ihre bedingungslose Liebe, die mich sanft umhüllt.

„Wenn wir einen Impuls haben und ihm freudig entgegenblicken, bedeutet das nicht immer, dass wir auch währenddessen Freude erleben“, sagt Nahizji sanft. „Gott schickt uns diese Impulse, damit etwas in uns ausgelöst wird. In deinem Fall war es die Wut, die schon lange in dir schlummert. Diese Ereignisse sind eine Gelegenheit, Gefühle an die Oberfläche zu bringen. Wenn wir ihnen bewusst begegnen, kann Heilung geschehen.“

Ich atme aus und fühle eine tiefe Dankbarkeit in mir aufsteigen. Dankbar, dass ich der Wut begegnen konnte. Dankbar für Nahizji, die mich mit ihrer Präsenz durch diesen Prozess begleitet hat. Und dankbar dafür, dass ich offen war, das zu empfangen, was Gott mir in diesem Moment schenken wollte: Die Erkenntnis, dass alles, was mir widerfährt, letztlich meinem Wachstum und meiner Heilung dient.

Langsam wenden wir uns wieder dem Backen zu. Es fühlt sich jetzt leichter und freier an in mir. Wir lachen, haben Spaß und kreieren den köstlichsten Pistazien-Cheesecake, den ganz Südfrankreich je gesehen hat.

In tiefer Dankbarkeit,
La‘inesh

Jetzt teilen: 

Facebook
Telegram
Email
WhatsApp
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner